Neisser Konfekt – der vergessene Lebkuchen

Bei einem Arbeitseinsatz am Pfarrhaus unserer Gemeinde habe ich im Jahr 2018 eine Reihe von Gegenständen aus dem Besitz des ehemaligen Pfarrers Fritz Röhl geborgen. Die Sachen stammen aus der Zeit bis 1940.

Darunter waren Reste einer imposanten Verpackung aus Papier, die ich an einigen Abenden vom Dreck befreit und wieder soweit möglich zusammengeklebt habe. Heraus kam die auf den Fotos in der Galerie zu sehende Papiertüte mit einer Höhe von ca. 50cm.

Ich wollte natürlich wissen, was denn nun „Neisser Konfekt“ ist und habe dazu recherchiert. „Neisser Konfekt“ ist eine Lebkuchen Spezialtät, die ehemals in der Stadt Neisse (Oberschlesien, heute Polen) in langer Tradition hergestellt wurde. Das Gebiet um Neisse ist waldreich und seit jeher wurde dort das Zeidler- bzw. Imkerhandwerk betrieben. Das „Neisser Konfekt“ wird daher mit viel Honig hergestellt und die Lebkuchen haben eine Karamellnote.

Bis zum Ende des 2. Weltkriegs gab es in Neisse eine ganze Reihen von Pferrerküchlereien und die Lebkuchen wurden im gesamten deutschen Raum verkauft – so auch nach Münchehofe. Das „Neisser Konfekt“ war damals genauso bekannt wie die „Nürnberger Lebkuchen“ es heute noch sind. Da die Packung recht groß ist, kann es durchaus sein, dass der Pfarrer das Gebäck nicht nur zum persönlichen Verzehr sondern auch für Gemeindeveranstaltungen o.ä. beschafft hat.

Leider wurde Neisse wie viele andere Städte gegen Ende des Krieges bei schweren Luftangriffen stark zerstört. Die auf dem Foto erkennbare Häuserzeile mit dem Ladengeschäft „Franz Springer“ ist wie nahezu die gesamte Altstadt vernichtet worden.
Und auch die Neisser Lebkuchentradition ging mit der Vertreibung verloren und existiert nicht mehr.

In Deutschland haben inzwischen ein paar kleine Betriebe wieder „Neisser Konfekt“ im Programm. Ich hatte mir zu Weihnachten 2018 eine Packung bei einem niedersächsischen Bäcker bestellt.

Im Jahr 2022 habe ich nun selbst mit meinen Kindern Pfefferkuchen nach einem Rezept für „Neisser Konfekt“ hergestellt und in meinem altertümlichen Ofen draußen gebacken.
Die Pfefferkuchen sind gut gelungen und schmecken ausgezeichnet. Das Blech wird uns gut durch die Adventszeit bringen.

Diese alte Verpackung zeigt einmal mehr, wie sich Heimatgeschichte immer auch in das große Weltgeschehen einfügt und wie durch unscheinbare Papierreste vergessene Tradtition im Gedächtnis bleibt und erlebbar wird.

Siehe auch: Das Vertiko aus dem Pfarrhaus