DDR Fahrzeugbriefe

Einführung der Briefe 1957

Nach dem Erwerb meiner 1957er ES mit originalem KFZ-Brief vom 12.7.1957 habe ich das Thema „Einführung der grünen Fahrzeugbriefe in der DDR“ nochmal etwas genauer recherchiert.

Werksbriefe und nachträglich ausgestellte Briefe

Da die grünen Fahrzeugbriefe erst Mitte 1957 eingeführt wurden besitzen alle Fahrzeuge älteren Baujahres einen nachträglich ausgestellten Fahrzeugbrief. Dort ist dann zwar das korrekte Baujahr (z.B. 1956) eingetragen, jedoch wurde der Brief erst später ausgestellt.

Die Unterscheidung ist ganz einfach auf Seite 8 des Briefes möglich:

1) Werksbrief: Oberer Teil ausgefüllt vom Hersteller (teilweise mit Schreibmaschine und gestempelt). Datum „Zschopau, den …“ ist der Tag, an dem die Maschine vom Band lief.
Unterer Teil ist leer.

2) Nachträglich ausgestellter Brief: Oberer Teil ist leer. Unterer Teil ausgefüllt von der Volkspolizei. Das Datum gibt an, wann der neue Brief ausgestellt wurde (meistens in 1958)

Der älteste mir bekannte grüne Brief ist der meiner 57er ES vom 12.7.1957. Es handelt sich um einen Werksbrief.

StVZO

Die Einführung der Fahrzeugbriefe erfolgte anhand §23 StvZO der neuen StVZO. Diese Verordnung wurde am 4.10.1956 verabschiedet und trat vermutlich zum Jahreswechsel am 1.1.1957 in Kraft.

Siehe Quelle DDS Dezember 1956 Seite 394 (Bild rechts) Absatz Zulassung von Fahrzeugen

Es war aber scheinbar nicht ohne Weiteres möglich, die Bestimmungen der Verordnung sofort umzusetzen.

StVZO Nachtrag Juni 2016

Mir liegt leihweise die vollständige StVZO vom 4.10.1956 vor. Diese erschien in 2 Teilen in den Ausgaben Dezember 1956 und Januar 1957 im Deutschen Straßenverkehr (DDS).

In §23 wird festgelgt, welche Angaben die KFZ-Briefe enthalten müssen und durch welche Stellen diese ausgestellt werden dürfen.
Datumsangaben sind im Gesetztestext nicht enthalten.

Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben wurde in den ebenfalls in den nachfolgend in diesem Artikel genannten Gesetzblättern und Verordnungen geregelt und auch mit konkreten Terminen fixiert.

Gesetzblatt 37 vom 18.5.1957

Im Gesetzblatt vom 18.5.1957 wurde die Anordnung zur Ausgabe von Kraftfahrzeugbriefen veröffentlicht (30.4.197, siehe Bild rechts). Diese Anordnung enthält die entscheidenden Datumsangaben:

  • 1. Juli 1957: Dieses Datum ist der Stichtag, ab dem Hersteller und Importeure ihre Fahrzeuge mit einem Fahrzeugbrief und eingetragener Betriebserlaubnis ausliefern müssen
  • 1. September 1957: Ab diesem Datum dürfen keine erstmalig in den Verkehr zu bringenden Fahrzeuge mehr ohne Fahrzeugbrief verkauft werden.
  • Zusätzlich wird noch der 15.8.1957 genannt. Zu diesem Stichtag sollten vorhandene Fahrzeugbestände ohne Brief an die zuständigen Volkpolizeikreisämter gemeldet werden.
  • Bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge sollen bis zum 30.4.1959 den neuen Brief erhalten. Dies wird durch die Volkspolizei realisiert.

DDS Juli 1957

Im DDS Juli 1957 erschien dann eine Meldung zur Anordnung aus dem Gesetzblatt 37.

Darin werden ebenfalls der 1.9.1957 und auch der 30.4.1959 genannt. Der 1.7.1957 wird nicht mehr erwähnt – vermutlich weil dieses Datum mit Erscheinen der Zeitschrift bereits abgelaufen war.

DDS 7/1957

Verordnung für Groß Berlin

Sicher im Zusammenhang mit dem Gesetzblatt 37 erließ der Magistrat von Groß Berlin am 26.6.1957 eine Anordnung zur Ausgabe der neuen KFZ-Briefe an die bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge. Darin wird ebenfalls der 30.4.1959 als Frist genannt.

Siehe hier: https://www.nd-archiv.de/artikel/660788.fahrzeugbriefe-werden-ausgegeben.html

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass es im ND-Archiv viele andere Artikel zum Thema Fahrzeuggeschichte gibt. Bei Google z.B. mal nach

zschopau site:www.nd-archiv.de/artikel

suchen. Ein Online Abo gibt es für 60 Euro/Jahr und dann kann man das alles lesen. Print Abonenten haben Zugang zum Online-Archiv inklusive.

Einführung der Werksbriefe

Ich halte den 1.7.1957 für den wahrscheinlichen Stichtag für die Einführung der grünen KFZ-Briefe (siehe Gesetzblatt Nr, 37).
Möglicherweise gab es auch noch eine Verzögerung von wenigen Tagen gegenüber dem in der Anordnung genannten Datum.

Der Brief meiner 1957er ES vom 12.7.1957 ist der mir bislang älteste bekannte DDR KFZ-Brief.

Ich habe Kontakt zum Besitzer einer der letzten gebauten Doppelport 250er. Diese stammt anhand der Fahrgestellnummer vom letzten oder vorletzten Produktionstag. Daher läßt sich der Fertigungszeitraum dieser Maschine auf den 14.6.1957 bis 17.6.1957 eingrenzen. Die Maschine hat einen nachträglich ausgestellten KFZ-Brief aus dem Oktober 1957, d.h. sie wurde ohne Werksbrief ausgeliefert.
Damit ist es sicher, dass es Mitte Juni 1957 noch keine Werksbriefe gab.

Nachträgliche Ausstellung der Briefe durch die VP

Beginn theoretisch ebenfalls am 18.5.1957. Für Berlin wurde eine entsprechende Anordnung aber z.B. erst am 26.6.57 erlassen.

Der Großteil der nachträglich ausgestellten Briefe stammt aus 1958. Die Volkspolizei hat alle Fahrzeughalter angeschrieben und zu einem Termin zur technischen Prüfung  vorgeladen. Die Ausstellung der Briefe erfolgte erst danach. Zur Abholung des Briefes musste der Halter erneut erscheinen.

Planung und Vorbereitung dieser Aktion haben sicher einige Zeit in Anspruch genommen. Daher tauchen die ersten nachträglich ausgestellten Briefe erst im Oktober 1957 auf.

Zulassungsscheine

Zulassungsscheine gab es bereits vor den grünen Briefen. Im Sommer 2015 bin ich zufällig an den Zulassungsschein einer ES 250 gekommen. Dieser wurde am 14.1.1957 ausgestellt. Dieses Datum passt zu der in den Papieren genannten Fahrgestellnummer, d.h. der Zulassungsschein wurde sicher am 14.1.1957 bei der Erstzualssung des Motorrades ausgestellt.

In der vergrößerten Bildansicht ist oben links ein Stempel „Fahrzeugbrief ausgefertigt“ zu erkennen. Leider exisitiert der Fahrzeugbrief nicht mehr bzw. befindet sich nicht in meinem Besitz.
Ich gehe davon aus, dass der KFZ-Brief im August 1958 ausgestellt wurde, da in diesem Monat ebenfalls eine Technische Überprfung im Zulassungsschein steht. Diese war ja in Verbindung mit der nachträglichen Ausgabe des KFZ-Briefes angeordnet worden.

Mit Übergabe des Briefes wurde dann der entsprechende Vermerk auf dem Zulassungschein gestempelt.