MZ ES Bordwerkzeug

Im Januar 2015 hat mich ein MZ-Besitzer per Mail zum Bordwerkzeug meiner 57er Einport ES befragt. Zum Thema Bordwerkzeug findet man leider relativ wenig nützliche Informationen.

Auch bei mir kam das bisher viel zu kurz. Ich habe anläßlich der Mail-Unterhaltung mal meine Bordwerkzeuge der 50er und 60er Jahre gesichtet und auch noch das ein oder andere recherchiert. Die Ergebnisse wie immer nun hier.

Ich besitze drei mehr oder weniger komplette Werkzeugtaschen und 2 davon kann ich zu 99,9% auch einem Fahrzeug mit Baujahr zuordnen. Die dritte Tasche habe ich mal bei ebay erworben.

Bordwerkzeug Juli 1957 – aus MZ ES 250

Das diese Werkzeugtasche etwas besonderes ist war mir klar, als ich das erste Mal den darin enthaltenen Schraubenschlüssel mit Wasserabziebild gesehen habe. Auf den ersten Blick fehlte aber leider sehr viel und der Kerzenschlüssel erschien mir damals als nicht original.
Ich habe mich mit dem Werkzeugsatz erstmal nicht weiter beschäftigt – bis jetzt. Ein Abgleich mit der 57er Ersatzteilliste der MZ ES 250 offenbarte, dass das Werkzeug doch relativ komplett ist und vor Allem alles enthaltene auch original dazu gehört.

Die ET von 1957 und auch die von 1962 zeigt den abgebildeten Kerzenschlüssel mit Festgriff.

Der augenscheinlich zu kleine Steckschlüssel gehört auch ins Werkzeug und ist für die Zylinderdeckelmuttern (SW 14).

Hakenschlüssel für Krümmermutter ist klar. Die beiden Montierhebel habe ich genau in dieser Form auch in den anderen Taschen aus den 60ern. Die Schraubendreher haben noch Holzgriffe.

In der ET ist zwar nur 1 Schraubdreher zu sehen, im Text steht bei Anzahl aber eine „2“ – also gehören auch 2 Schraubendreher ins Werkzeug.

Die Kombizange findet sich ebenfalls in allen drei Werkzeugwickeln in gleicher Ausführung. Besonderheit bei dieser nahezu unbenutzten Zange ist das Wasserabziehbild „WERUS“. Der schwarze Korrosionsschutz ist ebenfalls sehr schön erhalten.

WERUS = VEB Werkzeugunion Steinbach-Hallenberg

Ab 1969 gehörte WERUS zum Werkzeugkombinat Schmalkalden.

Leider ist bei diesem Werkzeugsatz nur noch ein Maulschlüssel dabei. Der Schlüssel trägt noch keine „TGL“ und in der ET wird DIN 895 für die Schlüssel genannt. TGL kam also erst später. Der Schlüssel scheint nahezu unbenutzt und hat auch noch ein Abziehbild.

WFR = Werkzeugfabrik Radebeul

DGW = Unbekannt, noch zu recherchieren

Bei dem  Dreieck mit der „1“ handelt es sich um ein DDR-Gütezeichen. Es steht für „Weltmarktqualität“

Siehe hier: DDR Gütezeichen (Wikipedia)

Wikipedia sagt auch etwas zu der Nummer unter dem WFR Logo: Die ersten beiden Ziffern geben den terretorialen Grundschlüssel  (hier „12“ für Bezirk Dresden) und die weiteren 4 die Betriebsnummer (hier „0482„) an.

Die 12/0482 findet sich auch auf dem Krümmerschlüssel. Sie ist dort zusammen mit der Größenangabe „45  50“ eingeschlagen (siehe Bild rechts),

Krümmerschlüssel und der erhaltene Maulschlüssel haben ausserdem die Markierung „S5“ (Krümmerschlüssel) und „S18“ (Maulschlüssel) eingeschlagen. Die Bedeutung dieser Angaben ist im Moment noch unbekannt. In meinem 64er Werkzeugsatz habe ich noch einen kleinen Maulschlüssel, der ebenfalls ein Abzeihbild und eine solche Markierung hat – dazu später mehr.

Zum WFR DGW Logo habe ich noch folgende Quelle gefunden:
https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/DD608502/DE

Die Logo wurde 1955 als Wort-Bildmarke regstriert. Nach einer Verlängerung in 1994 ist der Eintrag 2005 gelöscht worden.

Die etwas unscharfe Aufnahme der Schraubendreher Klinge läßt auch hier zumindest die „12-04“ zusammen mit dem Gütezeichen erkennen. Es sieht so als wenn die „84“ ganz klein daneben steht. Ich werde mit der Lupe nachschauen müssen. Die Schraubendreher stammen also auch von WFR.

Bei diesem 1957er Werkzeugsatz fehlen anhand der Teileliste die kleineren Maulschlüssel, das Flickzeug, die Fettpresse und die Einstelllehre für Kerze und Unterbrecherkontakt.

Einstelllehre und Fettpresse habe ich inzwischen original passend nachgekauft. Wenn die Sachen hier sind erhalten diese eine Markierung und kommen mit in die Tasche.
Per Mail wurde ich auf den Hersteller „Saxonia“ hingewiesen, der die kleinen Fettpressen für das Bordwerkzeug gefertigt hat.
In der Tat befindet sich in meinem späteren Werkzeugsatz (vermut. zw. 1967 und 1973) eine Fettpresse mit dieser Herstellerkennzeichnung. Allerdings mit einem glatten Kunststoffdeckel. Es gibt ältere Ausführungen, die einen Metalldeckel – ebenfalls mit Herstellerlogo „Saxonia“ haben.
Diese Metalldeckel-Ausführung dürfte Ende der 50er Anfang der 60er Jahre ausgeliefert worden sein und eine solche werde ich in ein paar Tagen hier haben. Fotos kommen also noch.  

Einstelllehre Zündkerze und Unterbrecher

Eine Einstelllehre hatte ich 2008 bei meiner 56er Doppelport mit dazu. Leider war es das einzige, was von deren Bordwerkzeug noch dabei war. Optisch ist das genau die Lehre aus der ET-Liste. Allerdings ist für die Kerze das Maß 0,7mm anstelle von 0,6mm angegeben.
Ich habe nun noch eine originale mit 0,6mm/ 0,4mm erworben.

Beide Einstelllehren haben auf der Rückseite eine IKA FER Kennzeichnung.

FER = Fahrzeugelektrik Ruhla

IKA = Vereinigung Volkseigener Betriebe Installationen, Kabel und Apparate

Bordwerkzeug 2. Halbjahr 1964 – aus ES 150

In einer schön erhaltenen ES 150 von 1964 habe ich auch noch das originale Bordwerkzeug dazu. Da die Maschine keinen DDR-Brief mehr hat kann ich es nicht genauer als 2. Halbjahr 1964 festmachen.

Die Tasche selbst ist die am meisten bekannte Ausführung mit dem gebogenen MZ-Logo. 1964 gab es eigentlich schon das modernere gerade Logo. Die Taschen laufen designmäßig also hinterher.

Dieser Werkzeugsatz erschien mir auf den ersten Blick relativ vollständig. Es gibt aber ein paar Unstimmigkeiten:

  1. Der 11/12 Maulschlüssel hat wieder ein Abziehbild „WFR DGW“, eine Markierung „S2“ aber sonst keinerĺei Angaben. Der Schlüssel erscheint mir irgendwie älter zu sein.
  2. Die übrigen Schlüssel stammen von mehreren Herstellern: Kampmann, Tona und WEFA Radebeul (andere Bezeichnung für WFR).
  3. Die Schraubdreher mit Kunststoffgriff tragen den Namen „Smalcalda“. Das entsprechende Werkzeugkombinat wurde aber erst 1969 gegründet.
    Eine Suche nach der Wort-Bildmarke brachte folgende Quelle zu Tage:
    https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/DD640661/DE
    Die Marke Smalcalda wurde also erst Anfang 1975 eingetragen. Ich wäre jetzt davon ausgegangen, dass die Schraubendreher definitiv nicht in dieses Werkzeug gehören – wenn ich nicht noch eine 3. Tasche hätte die nahe zu 100% original bestück zu sein scheint, zw. 1967 und 1973 anzusiedeln ist auch Smalcalda Schraubdreher drin hat.
    Gut möglich, dass Smalcalda schon lange vor Eintragung der Marke verwendet wurde.

Original erscheinen mir die Montierhebel, die Kombizange, der 14er Steckschlüssel mit Stange, der Kerzenschlüssel und der Krümmerschlüssel. Ggf. sind auch einige der Maulschlüssel original. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Wickel nicht immer sortenrein befüllt wurden.

Das Abziehebild „WFR DGW“ auf dem 11/12er Schlüssel sorgt ebenfalls für Verwirrung. Die Nummer passt nicht in das Schema mit dem terretorialen Grundschlüssel und der Betriebsnummer.

Aufgrund der Unstimmigkeiten bin ich nicht sicher, in wie weit man diesen Werkzeugsatz wirklich für irgendwelche Aussagen zu Rate ziehen kann.

Werkzeugsatz zw. 1967 und 1973

In meinem Fundus befindet sich noch ein einzelner Werkzeugsatz, den ich bei ebay ersteigert habe. Es handelt sich ebenfalls um die Tasche mit dem alten, geschwungenen MZ-Logo.

Der Zustand der Tasche ist realtiv schlecht, allerdings scheint das Werkzeug weitestgehen komplett zu sein:

  • Kompletter Maulschlüsselsatz von WFR Supersteel. Die Schlüssel haben Herstellungsmonat und Jahr eingegossen: 2/66 und 1/67
  • 4 Montierhebel
  • 2 Schraubendreher „Smalcalda“ mit schwarzen Kunststoffgriffen
  • Steckschlüssel mit Stab für Kerze
  • Steckschlüssel SW 17 – aufgrund dieses Schlüssels ordne ich den Wickel der ES/2 ab 1967 zu. Diese hatte ja die Hohlschrauben für den Zylinderdeckel (SW 17).
    Die Herstellungsangaben auf den Maulschlüsseln passen auch dazu.
  • Fettpresse „Saxonia“ mit Kunśtstoffdeckel (siehe Fotos)

Insgesamt macht der Satz auf mich einen kompletten Eindruck. Einizige Unstimmigkeit wären die Smalcalda Schraubdreher, da die Marke wie oben erwähnt erst 1975 eingetragen wurde.
Da hier aber alles andere stimmt sind die Schraubdreher sicherlich original.

Ich habe alle alten Maulschlüssel aus meiner Werkstatt verglichen und noch einige WFR Super Steel gefunden. Zwei davon tragen ebenfalls Herstellungsmonat und Jahr (3/69 und 3/70 – siehe Bild). Die anderen Super Steel Schlüssel haben dieses Merkmal nicht und haben stattdessen den EVP (Verkaufspreis) und „TGL“ eingegossen.

Ausserdem habe ich noch zwei „WFR“ Schlüssel mit „DIN 895“ gefunden. Anhand der ET-Listen 1957 und 1962 würde ich diese Schlüssel um 1960 einordnen.

Ich werde an dem Thema dranbleiben und neue Erkentisse hier posten.

Wirklich orginales und unberührtes Erstaustattungs-Werkzeug aus den 50er/60er-Jahren im Fach des entsprechendes Fahrzeuges hat auf jeden Fall den Charakter eines ungeöffneten Pharaonengrabes. So etwas gibt es nur sehr sehr selten.

Weitere Hinweise und Informationen nehme ich natürlich dankend entgegen.

Nachkauf Teilemarkt Wünsdorf März 2015

Auf dem ersten 2015er Markt in Wünsdorf habe ich noch 2 Fettpressen erworben. Die eine unterscheidet sich im Detail relativ deutlich von der bereits vorhandenen. Anhand der Nummer auf dem Deckel  gehe ich davon aus, dass die neu gekaufte etwas älter ist und damit besser in das 57er Werkzeug passt.

Besonders gefreut habe ich mich über einen 10×11 Maulschlüssel, der exakt dem Design des vorhandenen 1957er Maulschlüssels entspricht (der mit dem Abziehbild). Auf dem gekauften Schlüssel sind aber keine Reste eines Abziehbildes zu sehen.

Oktober 2015: Neue Schlüssel erworben

Beim Wünsdorfer Oldtimer Treffen am 3.10.2015 konnte ich wieder ein paar interessante Schlüssel aus einer Kiste wühlen.

Es handelt sich um:

  • 10 / 11 mit Kennzeichnung S10
  • 12 / 14 mit Kennzeichnung S4
  • 14 / 17 ohne Kennzeichnung, Beifang

Die „S“ Markierungen tragen auch einige Originalschlüssel aus dem 1957er Werkzeugwickel (s. oben). Ich gehe daher davon aus, dass diese Schlüssel aus Bordwerkzeug der 1950er bzw. frühen 1960er Jahre stammen.