Trotzdem wohl doch wesentlich mehr als die oft zitierten 600 Stück produziert wurden, findet man an der ES-Doppelport genau wie an den ersten ES 175 viele Besonderheiten, die in den Jahren 1958 ff. konstruktiv verändert wurden und demnach spezifisch für die Baujahre 56 und 57 sind. Die meisten dieser speziellen Teile sind heute sehr selten und machen das „Besondere“ aus.
Im Folgenden werden viele dieser Besonderheiten durch Fotos dokumentiert. Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass bei den ES-Modellen eine gewisse Serienstreuung vorkommt. Es ist daher nicht möglich, alle Details am Baujahr fest zu machen.
Vorserienmodell
In Büchern und auch in der 1956er Ausgabe der Betriebsanleitung sind teilweise Abbildungen von Vorserienmodellen zu sehen. Diese unterscheiden sich in vielen Details vom Serienmodell (siehe vorheriger Post)
Motor
Am Motor fällt natürlich sofort der zweite Auspuff ins Auge. Es finden sich aber noch weitere Unterschiede:
- Das Gehäuse hat unterhalb des Zylinders nur wenige Kühlrippen. Die nächste Motorengeneration verfügt bereits über eine Kühlrippe mehr.
- Der Kickstarterhebel ist geschwungen ausgeführt, damit er nicht an den linken Auspuff stößt.
- Der Kupplungsdeckel unterscheidet sich in vielen Punkten von der moderneren Ausführung. Daher passen auch nicht die Deckeldichtungen der neueren Typen.
- Die Aufnahme für den Kupplungszug sitzt weit zur Motormitte hin, damit der Bowdenzug innen am linken Krümmer vorbeiläuft.
Im Inneren gibt es weitere Unterschiede. Die folgende Liste liefert nur grobe Informationen, genaueres später.
- Kupplung unterscheidet sich vom späteren Modell (kleiner).
- Kurbelwelle ist anders. Lager für Kupplungsmitnehmer besteht aus 2×18 losen Zylinderrollen. Später wurde auf einen Nadelkäfig umgestellt.
- Abtriebswelle und Ritzel sind unterschiedlich. Auf dem Bild (rechts) sind das Solo-Ritzel der Doppelport (links) und ein Ritzel von einem 59er-Motor abgebildet. Man kann deutlich erkennen, dass der Wellendurchmesser und das Aufsteckprofil unterschiedlich sind.
Lichtmaschinendeckel
Auf den Fotos ist jeweils oben ein neuerer Deckel und unten der Deckel der Doppelport zu sehen.
Auf der Innenseite sind Konturen einer Abdeckung erkennen. Vermutlich sollte dadurch der unkomplizierte Zugang zur Zündung ermöglicht werden (ähnlich RT). Warum man doch auf den Deckel verzichtet hat weiss ich nicht. Bei späteren LIMA-Deckeln sind die Konturen nicht mehr vorhanden.
Die Zierstreifen laufen gegenüber späteren Versionen an der Vorderseite runder zusammen. Am hinteren Ende sind die Streifen bei den neueren Varianten spitzer.
Im Bereich der Tachowellendurchführung besitzt der alte LIMA-Deckel einen Anguss (s. Foto). Wozu dieser dienen soll, ist mir unklar.
Vergaser und Vergaserabdeckung
Die Vergaserabdeckung ist an der Oberseite glatt. Spätere Ausführungen verfügen über einen Steg, der genau in der Mitte verläuft.
Der Kedergummi der Abdeckung ist nicht schwarz (wie bei der späteren Ausführung), sondern hat einen leichten Grünstich (auf dem Foto etwas schwer zu erkennen).
Beim Vergaser handelt es sich um einen Flachschiebervergaser, der um 1961 durch einen Rundschiebervergaser ersetzt wurde. Der Flachschiebervergaser ist äusserlich sofort am Deckel zu erkennen.
Benzinschlauch
Bei dem Gewebeschlauch an meiner Doppelport handelt es sich um den vom Werk verbauten Benzinschlauch. Laut Ersatzteilliste gehören an beide Enden der Schläuche (zum Vergaser und Verbindungsschlauch zw. den Tankhälften) Endkappen aus Metall. An meiner Doppelport ist pro Schlauch nur eine Metallkappe verbaut. Entweder entspricht dies dem Originalzustand oder die Kappen wurden irgendwann zum Abziehen der Schläuche entfernt.
Eine Metallkappe ist auf dem Bild des Benzinhahns gut zu erkennen.
Scheinwerferverstellung
Zur Reflektorverstellung ist ein kleines Metallrad angebracht. Später wurde ein „handgerechterer“ Hebel verbaut. Ausserdem ist das Blech original mit einer Niete und einer Schraube befestigt (später 2 Nieten). Auf der geschraubten Seite befindet sich im Lampenring ein Langloch, so dass eine Grundeinstellung des gesamten Mechanismus möglich ist. Dies entfiel bei der späteren Ausführung mit 2 Nieten.
Mutter für Sozius-Haltegriff und Verlustsicherung
Es handelt sich um spezielle Flügelmuttern aus Aluminium. Als Sicherung kommt eine kleine Metallscheibe zum Einsatz, die mit einem Kerbnagel im Bolzen des Soziussitzes befestigt wird. Der Bolzen verfügt über eine entsprechende Bohrung. An meiner Doppelport war zunächst nur eine Sicherungsscheibe montiert, die andere konnte ich aber noch in der Teilekiste finden. Es fehlt also nur einer der Kerbnägel.
Bei den Sicherungsscheiben handelt es sich um ein sehr seltenes Detail, da diese bei den meisten Maschinen verloren gegangen sind.
Rahmen und Blechteile
Rahmen und Blechteile unterschieden sich ebenfalls von den späteren Modellen. Die folgende Liste fässt die Besonderheiten zusammen:
- Vorder Kotflügel ist im vorderen Bereich nach unten gezogen.
- Der Tank besitzt Einprägungen für die MZ-Symbole
- Links zwischen den Sitzen befindet sich ein angeschweisster Aufbockgriff.
- Die Seitenverkleidungen besitzen 2 Chromstreifen pro Seite
- Der Rahmen weist einige Unterschiede zur späteren Version auf.
- Der Luftfilter sitzt direkt im Ansuagkasten unter den Verkleidungen und nicht im vorderen Sitz. (Der vordere Sitz hat daher auch keine Löcher zur Luftansaugung)
- Die Sitze sind innen anders gearbeitet als bei der späteren Ausführung
Stoßdämpfer
Die Stoßdämpfer unterscheiden sich äußerlich vollständig von der späteren Ausführung. Die Verstellung erfolgt über einen grob gerändelten Aluring. Auf der unteren Chromhülse befindet sich eine Prägung „H <-> W“. Diese zeigt an, in welche Richtung die Einstellung von weich nach hart erfolgt.
Hauptständer
Der Hauptständer ist wesentlich schlanker ausgeführt. Die Feder ist durch zwei Hülsen verkleidet. Es ist ein langer Ausleger angeschweisst, der unter dem linken Auspuff hervorsteht. Dadurch kann der Hauptständer mit dem Fuss ausgeklappt werden.
Laut Ersatzteilliste von 1957 sind alle Bowdenzüge mit einem Magura Bowdenzugschmiernippel versehen. Magura ist eine Firma aus der BRD und stattete damals Motorräder aus Westproduktion mit Armaturen aus. Das Unternehmen gibt es bis heute. Es stellt z.B. hochwertige hydraulische Bremsen für Mountainbikes her.
Der Bowdenzugschmiernippel wird auf die Seilzughülle gesteckt. Vorher wird die Hülle mit einer Bohrung versehen. Mit einer Ölpresse kann der Zug durchgeölt werden. Warum diese Schmiernippel später nicht mehr verbaut wurden kann ich nicht sagen – vermutlich wollte man sie nicht mehr importieren und konnte/ durfte sie nicht selber fertigen.
An meiner Doppelport ist nur der Lufthebel mit einem entsprechenden Zug ausgestattet. Auffällig ist, dass die Hülle dunkelbraun mit einem rötlichen Muster ist. Die übrigen Züge sind schwarz und haben keine Schmiernippel. Entweder wurden die Züge schonmal gewechselt (was bei einem KM-Stand von 16.000 jedoch unwahrscheinlich ist) oder es wurden 1956 schon teilweise neuere Züge verbaut. Auf dem Foto ist der Schmiernippel zu sehen.
Möglicherweise wurden bis 1956/57 auch komplette Magura-Bowdenzüge aus der BRD importiert.
Unterbrecher
Der Zündunterbrecher unterscheidet sich ebenfalls von der später verbauten Variante, die bei MZ bis zur ETZ verbaut wurde.
An meiner Doppelport wurde irgendwann ein neuer Unterbrecher verbaut, die wesentlichen Bestandteile des Originals befanden sich aber noch im Zubehör der Maschine. Die fehlenden Kleinteile des alten Unterbrechers liessen sich aus der Ersatzteilliste leider nur erahnen.
Ich habe herausgefunden, dass der Unterbrecher von der BK 350 übernommen wurde. Auf dem ersten Teilemarkt 2009 in Wünsdorf hatte ich Glück und habe eine BK 350-LIMA mit originalem Unterbrecher entdeckt. Die Feder war allerdings gebrochen und am Hammer fehlte das Metallband für die Masseverbindung. Diese beiden Teile hatte ich aber noch. Ich konnte den Verkäufer überzeugen, mir den Unterbrecher einzeln zu verkaufen. Am Abend habe ich die kaputten Teile ausgetauscht und nun ist der Unterbrecher komplett und hoffentlich wieder funktionstüchtig.
Nachtrag: Der Unterbrecher ist funktionstüchtig! Der Motor läuft also tatsächlich wieder mit diesem seltenen Kontakt.